Rampenmanagement: Entstehung eines Digitalisierungsprojekts

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Bremen führt Kooperationspartner zusammen, die gemeinsam Innovationen anschieben. Ein Beispiel aus dem Bereich Logistik zeigt, wie Ihr Unternehmen sich einbringen und profitieren kann.

Die Digitalisierung der Wirtschaft hat derart viele Facetten, dass es für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) kaum möglich ist, einen Überblick zu gewinnen und die besten individuellen Handlungsoptionen zu ermitteln. Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Bremen unterstützt Sie daher auf diesem Weg und führt Sie bei Bedarf mit Partnern und Experten zusammen. In einigen Fällen kann daraus auch ein umfassendes Projekt entstehen, das ganz neue Lösungen hervorbringt und vom Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Bremen begleitet werden kann. Wie Sie gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum einen solchen Stein ins Rollen bekommen, zeigt beispielhaft ein Logistik-Projekt („Rampenmanagement mit dynamischen Slots“), in dem sich regionale Unternehmen zusammengeschlossen haben.

 

Unternehmensbesuche

Seinen Ursprung hat das Projekt in Unternehmensbesuchen von Mitarbeitenden des Kompetenzzentrums bei verschiedenen Logistikunternehmen im Nordwesten. Diese Besuche sind für die Unternehmen kostenlos und dienen der Analyse, welche Fragestellungen für die jeweilige Firma wichtig sind und welche Potenziale die Digitalisierung in diesem Zusammenhang bietet.

Bei den Besuchen nannten Unternehmensvertreter:innen häufig dieselbe Problemzone, in der sie sich eine Effizienzsteigerung wünschen: Die Verladerampen, an denen Waren aus den Lagern oder Produktionsstätten geholt und auf die Lkw geladen – oder von dort entladen – werden. Sie fungieren als Schnittstellen zwischen Unternehmen („Verladern“) und ihren Transportdienstleistern, erweisen sich dabei aber oft als Nadelöhre in der Logistikkette. Eine optimierte Koordination zwischen Verladern und Lkw könnte beide Seiten deutlich entlasten.

 

Gespräche mit Systemherstellern

Nachdem sich dieser Bedarf bei den potenziellen Anwendern herauskristallisiert hatte, sprachen die Expertinnen und Experten des Kompetenzzentrums mit IT-Unternehmen aus der Region. Die Oldenburger Firma AIO IT for Logistics GmbH und die Bremer Firma dbh Logistics IT AG, die über die benötigte Expertise verfügen und bereits an ähnlichen Projekten gearbeitet haben, boten ihre Unterstützung an. Sie sagten auch zu, in Vorleistung zu gehen, falls sich Anwender:innen finden, die diese Entwicklung eines Prototypen durch Know-how und als Anwendungspartner unterstützen.

 

Innovationswerkstätten

Auf Basis dieser Vorarbeiten lud das Kompetenzzentrum regionale Unternehmen zu drei Innovationswerkstätten ein, die in Bremen, Bremerhaven und Wilhelmshaven ausgerichtet wurden. Insgesamt beteiligten sich daran rund 30 mittelständische Unternehmen aus dem Nordwesten, darunter vor allem Logistik- und Produktionsbetriebe. Gastgeber waren die Unternehmen BLG, FRoSTA und Nordfrost, sodass der enge Bezug zur Praxis auch räumlich gegeben war.

Die Innovationswerkstätten setzten sich aus Impulsvorträgen und anschließenden Diskussionen der Teilnehmer zusammen. Zunächst stellte das ISL am Beispiel des vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts „SYNCHROLOG“ (www.synchrolog.net) die dort verwendeten Methoden und Technologien zur Problemlösung vor – beispielsweise Geschäftsprozessmodellierung und die Simulation logistischer Abläufe. AIO führte ein Managementsystem für den im oben genannten Projekt betrachteten Hafenzulaufverkehr vor, das dort auch mit Beteiligung der dbh entwickelt wird. AIO-Geschäftsführer Roland Zimmerling ermöglichte es den Unternehmensvertretern dabei, die Kommunikation mit einem flexiblen Terminmanagementsystem „aus dem Fahrzeug heraus” auszuprobieren.

In der anschließenden angeregten Diskussion der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Innovationswerkstätten wurde eine Übertragung auf die individuellen Bedürfnisse der vertretenen Unternehmen besprochen: Wo decken sich ihre Bedürfnisse mit denen der Hafenwirtschaft? Wo unterscheiden sie sich? Was lässt sich aus dem Projekt lernen?

 

Problemstellung

Nach anfänglicher Skepsis einiger Teilnehmerinnen und Teilnehmer entwickelte sich der Wunsch, einen Teil der Ideen aus dem vorgestellten Projekt zu übernehmen und für das Rampenmanagement von Verladern aller Art – also nicht nur der Hafenwirtschaft – anzupassen.

Der Grundgedanke, der sich in den Innovationswerkstätten herauskristallisierte: Ein professionelles Rampenmanagement sorgt zwar bereits heute für eine gezielte Planung des Warenumschlags an der Rampe, indem feste Slots (Zeitfenster) an die erwarteten Lkw vergeben werden. In der Praxis wird dieses Slotmanagement allerdings immer wieder durcheinandergewirbelt, weil Staus für Verspätungen sorgen oder ein Lkw durch andere Umstände aufgehalten wird. Dies führt zu Mehrarbeit und zusätzlichen Kosten beim Verlader, weil die Waren wieder neu sortiert werden müssen.

Darüber hinaus stauen sich die Lkw zu einem anderen Zeitpunkt an der Verladerampe – dadurch verzögern sich die Transporte und erhöhen sich die Kosten für die Spediteure. Auch beim Verlader kann eine Verzögerung beim Bereitstellen der Waren entstehen, sodass Lkw trotz Einhaltung ihrer Slots warten müssen.

 

Lösungsansatz

Aufgrund der Unterstützung der Innovationswerkstätten durch AIO und dbh konnten bereits vor Ort einige Lösungsansätze visualisiert und vorgestellt werden. Daraufhin entstand der Wunsch, ein „dynamisches Slotmanagement“ zu entwickeln. Das System soll den Verlader mit den Transportunternehmen sowie deren Fahrzeugen vernetzen, um den Umschlag von Waren auf der Rampe möglichst präzise auf die tatsächlichen Ankunftszeiten abstimmen zu können. Für die LKWs bedeutet dies geringere Wartezeiten, für die Verlader eine effizientere Auslastung der Rampe.

Im Zuge der Veranstaltungen bekundeten mehr als 20 Unternehmen Interesse an einer aktiven Mitgestaltung des Projekts. Neben Transportdienstleistern sagten auch Verladestellen ihre Unterstützung beim Test der Prototypen zu.

 

Anwendungsprojekt

Im nächsten Schritt stimmten sich die Beteiligten ab, um die Ergebnisse der Innovationswerkstätten in ein konkretes Projekt zu überführen. Ein Jahr nach den ersten Firmenbesuchen waren somit die Weichen für die Umsetzung des Vorhabens gestellt. Eine Besonderheit dabei: Beteiligt ist nicht nur eine einzelne Firma, sondern ein größerer Verbund. Die Arbeiten sind bereits gestartet.

 

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