Wenn der Stift ausgedient hat

Im Internet lässt sich jedes Schiff auf der Welt in Sekundenschnelle lokalisieren. Die Digitalisierung hat also schon längst in der Schifffahrt Einzug gehalten? Nicht, wenn man einen Blick auf die Brücke oder den Maschinenraum wirft.

Zwar stehen auch hier Computer und moderne Navigationsinstrumente, aber jede Schiffsbewegung, jede Wetteränderung, jedes Vorkommnis wird noch heute per Hand ins Logbuch eingetragen. Bis zu 18 Logbücher sind auf einem Großtanker oder Containerriesen verteilt. Gängige Praxis, seit Jahrhunderten.

In regelmäßigen Abständen, werden die Daten oftmals per Hand im Reedereibüro in Excel-Listen übertragen und in zahlreichen Ausführungen versendet – an Behörden, Charterer, Kunden und Dienstleister.

Das Logbuch für die Hosentasche

Geht das nicht digital viel einfacher? Dieser Frage geht NautilusLog nach. Das Start-up hat eine Smartphone-App entwickelt, die Logbücher ersetzt – und sogar noch viel mehr kann. Sie könnte sowohl für die Crews als auch die Reeder das Leben künftig entscheidend vereinfachen.

Verantwortlich für die Idee sind die beiden Informatiker Sven Hamer und Otto Klemke und der Physiker Ingo Klemke. Die Namensverwandtschaft der beiden letzteren ist nicht zufällig – sind sie doch Vater und Sohn. Zu dritt nehmen sie sich der digitalen Schifffahrt an. „Ich war sehr überrascht, als ich hörte, dass Logbücher heute noch genauso funktionieren wie vor dreihundert Jahren“, sagt Otto Klemke.

Sammeln, Erfassen und Bereitstellen von Daten

Die Smartphone-App von NautilusLog ermöglicht es nicht nur, Daten sofort digital zu erfassen, sie kann auch Sensorwerte von Maschinen oder GPS- oder Wetterdaten überwachen und sie automatisch mitschreiben. Basierend auf den Werten löst sie, falls gewünscht, auch Events aus – Erinnerungen an die Crew, Wartungsintervalle einzuhalten oder Kursänderungen vorzunehmen.

„Auf Schiffen gibt es heute verschiedene, fest installierte Systeme, die digital Daten erfassen oder verarbeiten. Aber es gibt keine vollumfängliche Lösung, die alles vereint und stakeholdergerecht aufbereitet“, so Klemke. „Unsere Lösung ist angepasst auf die Bedürfnisse an Bord und funktioniert auch ohne eine permanente Internetverbindung. Die Besatzung kann bei Vorkommnissen informiert werden und entsprechend reagieren. Der Reeder kann auf Wunsch seine Flotte in Echtzeit überwachen und entscheiden, mit wem er seine Daten teilt, um das neu gewonnene digitale Potenzial zuvor handschriftlicher Notizen zu nutzen.“

Die Ausführung als Smartphone-App hat zudem weitere Vorteile: Mit der Bedienung findet sich jeder sofort zurecht und das Gerät ist in der Hosentasche bequem zu transportieren und immer dabei, auch im engen Maschinenraum. Durch eine gemeinsame Datenbank müssen zudem Daten nicht mehr doppelt oder in unterschiedlichen Quellen erfasst werden – eine potenzielle Fehlerquelle alter, handschriftlicher Logbücher.

Die Branche verändern

Die App könnte eines Tages jede Menge Papierkram und Zeit sparen. Leider heute noch nicht, denn internationale Rechtsvorschriften besagen, dass Logbücher auf Papier unterzeichnet werden müssen, um rechtsgültig zu sein. Gut, dass die App alle Daten zum Drucken aufbereitet.

„Wir arbeiten mit Behörden zusammen, die digitalisierte Schifffahrt möglich zu machen. So wirken wir derzeit an der Gestaltung neuer DIN-Normen für Smarte Logbücher mit“, so Klemke.

Gegen alte Traditionen hat das Startup an vielen Fronten zu kämpfen. „Die maritime Wirtschaft ist international unterschiedlich weit entwickelt. Dies macht die Entwicklung neuer Normen und Standards für die digitalisierte Welt, bei der verschiedene Stakeholder wie Reeder, Häfen und Zertifizierungsgesellschaften an einen Tisch sitzen, zu einer Herausforderung.“, erklärt Klemke. Nach der überstandenen Schifffahrtskrise seien Reedereien noch zurückhaltend bei Neuinvestitionen, auch wenn diese entscheidende Effizienzgewinne mit sich bringen könnten.

Schifffahrtssimulator nutzen

Hilfe bei ihrer Mission erhält das Team von NautilusLog auch vom Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrum Bremen. Bei der Hamburger „Schiff & Hafen-Konferenz Maritim 4.0“ trafen das junge Unternehmen 2018 erstmals auf das Kompetenzzentrum und den dort ausgestellten Schifffahrtssimulator. Der Simulator ist einer von zwölf Demonstratoren des Zentrums, die Digitalisierung ganz praktisch und greifbar erklären.

„Der Simulator ist ideal für unsere Entwicklungsarbeit. Wir können dort neue Versionen unserer Software testen, ohne dass wir auf hohe See müssen. Unser Testaufwand reduziert sich von Wochen so auf Stunden“, erklärt Klemke. Mithilfe des Bremer Kompetenzzentrums könnte die maritime Wirtschaft also schon bald ein ganzes Stück effizienter, schneller und transparenter werden.

Den Steckbrief zu unserem gemeinsamen Digitalisierungsprojekt mit NautilusLog finden Sie hier. Zudem können Sie in dieser Podcast-Episode Otto Klemke von NautilusLog im Gespräch mit Daniel Schneider vom Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Bremen hören.


Sie wünschen ebenfalls Unterstützung bei einer Digitalisierungsmaßnahme oder einfach nur eine zweite Meinung?
Dann kommen Sie gern auf uns zu!

Tel.:  +49 (0) 421 9600 – 260
E-Mail: kontakt@kompetenzzentrum-bremen.digital

Wir informieren Sie gerne im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.
Ihr Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Bremen

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