Trainingssimulatoren können für die Aus- und Weiterbildung in der Produktion zahlreiche Vorteile bieten, von der Kosteneinsparung bis hin zum größeren Lernerfolg. Anwendungen sind beispielsweise für Prozesse wie Schweißen, Lackieren oder Fräsen denkbar, aber auch für die Montage.
Wer eine Ausbildung zum Piloten absolviert oder Nautik studiert, profitiert von regelmäßigen Übungsstunden am Trainingssimulator. In diesen Berufen stehen Menschenleben und hohe Sachwerte auf dem Spiel, daher lohnte sich die aufwändige Entwicklung der Simulatoren schon vor langer Zeit. Mittlerweile sind die dafür benötigten digitalen Technologien preiswert und ausgereift genug, um den Einsatz auch in Berufen zu erlauben, in denen begrenztere finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Vor allem für die Produktion eröffnen sich aktuell umfassende Möglichkeiten, die Aus- und Weiterbildung zu verbessern.
Zu den Prozessen, die mit Hilfe von Trainingssimulatoren effizienter erlernt werden können, zählen die Montage und Demontage sowie die Bedienung von CNC-Werkzeugmaschinen wie Fräs-, Dreh- und Bohrmaschinen oder Schneideanlagen. Auch das Schweißen lässt sich mit digitaler Unterstützung besonders gut üben.
Die Simulation eines Produktionsprozesses kann unterschiedlich gestaltet werden. Im einfacheren Fall genügt schon eine passende Software, um wichtige Abläufe zu trainieren. So können am normalen Computerarbeitsplatz beispielsweise die Handlungsabfolgen und möglichen Fehlerquellen bei der Montage einer Maschine einstudiert werden.
Möglich ist aber auch die Verbindung von Software und Hardware, um ein besonders lebensnahes Gefühl für eine Tätigkeit zu vermitteln. Die Lernenden haben dann ein Gerät in der Hand und ein zu bearbeitendes Objekt vor sich – entweder in Wirklichkeit oder in der virtuellen Realität (VR). Der Arbeitsschritt erfolgt in beiden Fällen nur virtuell und kann somit beliebig oft wiederholt werden, um das Ergebnis zu verbessern und den Lernerfolg zu steigern.
Das BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik hat den Einsatz entsprechender Trainingssimulationen bereits speziell für das Schweißen und für die Montage in der Automobilindustrie untersucht. Das Institut fokussiert sich auf angewandte Forschung und legt dabei Schwerpunkte in Bereichen wie Digitalisierung und Industrie 4.0.
Simulationen bieten zahlreiche Vorteile
Die digitale Welt verfügt über viele Vorteile gegenüber der realen Welt, wenn es um Ausbildung und Training geht:
- Im realen Betrieb sind Maschinen, die für das Training benötigt werden, nicht immer verfügbar.
- Die Ausbildung in der realen Welt geht oft mit gesundheitlichen Gefahren einher, z.B. für Lackierer, die potenziell giftige Stoffe einatmen.
- Beim „realen“ Training werden vielfach kostspielige Materialien verbraucht, beispielsweise Farben oder Rohstoffe.
- Einige Prozesse benötigen auch im Training eine lange Vorbereitungs- oder Umsetzungszeit, z.B. beim Schweißen oder CNC-Fräsen. Digital können diese Prozesse, die nicht direkt dem Lernerfolg dienen, deutlich beschleunigt werden.
- Der Erfolg einer Übung kann digital oft leichter ermittelt werden. Beispielsweise lassen sich Schweißfehler in der Realität oft nicht von außen erkennen, sondern machen sich erst wesentlich später bemerkbar. Ein digitaler Simulator bemerkt den Fehler sofort.
- Das Training lässt sich leicht auf den individuellen Leistungsstand des Anwenders anpassen, z.B., indem für Anfänger mehr Hilfestellungen eingeblendet werden als für Fortgeschrittene. Somit wird auch autonomes Lernen gefördert.
- Simulatoren können das Training in Gruppen ermöglichen, wenn es andernfalls nicht praktikabel wäre. Große Maschinen lassen sich nicht in einen Klassenraum schieben.
- Unerwünschte Eigenschaften können beim Simulator einfach abgeschaltet werden, damit nur genau die Funktionalitäten zur Verfügung stehen, die auch benötigt werden.
Ein weiterer Nutzen: Auf Messen können die Besucher einen tiefen Einblick in die Bedienung von Maschinen erhalten, auch wenn die Maschinen selbst nicht vor Ort sind. Dies kann sogar zum unterhaltsamen Highlight werden, wenn der Simulator für die erfolgreiche Bewältigung der Übungen spielerisch Punkte vergibt und die Besucher versuchen, sich gegenseitig zu übertreffen.
Schweißsimulatoren haben sich bewährt
Das BIBA-Projekt „MESA – Medieneinsatz in der Schweißausbildung“ wurde im Rahmen des Programms „Digitale Medien in der beruflichen Bildung“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Wichtigste Forschungsschwerpunkte waren die Integration von Trainingssimulatoren und anderen digitalen Medien in die Qualifizierungsprozesse von Schweißerinnen und Schweißern sowie die Realisierung von sogenannten Blended-Learning-Konzepten, bei denen Präsenzveranstaltungen mit virtuellem Lernen verbunden werden.
Um die Projektinhalte anwendungsnah zu gestalten, arbeitete der Projektverbund eng mit dem Deutschen Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V. (DVS) sowie mehreren metallverarbeitenden Unternehmen und Bildungsträgern zusammen. In diesem Verbund wurden Anforderungen an die technischen und didaktischen Konzepte definiert und die Projektergebnisse in der industriellen Praxis erprobt.
Der Simulator kann verschiedene Schweißaufgaben simulieren und in unterschiedlichen Anwendungsszenarien trainieren. Die wesentlichen Vorteile:
- Es besteht kein Verletzungsrisiko – auch ein Sichtschutz ist nicht erforderlich.
- Prinzipien der Ergonomie können leichter vermittelt werden, was zur Reduktion gesundheitlicher Langzeitschäden beitragen kann.
- Mit Hilfe von Sensoren wird die Anwendung des Schweißbrenners direkt ausgewertet, sodass Fehler sofort behoben werden können.
- Die Übungsfrequenz wird deutlich erhöht.
- Der Ressourcenverbrauch wird stark reduziert.
Darüber hinaus wurde im Projekt untersucht, wie die Verständigung bei der Schweißausbildung mittels digitaler Medien unterstützt werden kann. Sprachbarrieren sind in der Schweißbranche besonders im ersten Ausbildungsjahr häufig ein Problem.
Virtual-Reality-Training für Fertigung und Montage
Nicht nur beim Schweißen, sondern auch in der Montage können digitale Technologien – und insbesondere Virtual Reality – das Erlernen von Tätigkeiten erleichtern. Das BIBA hat im Rahmen des Projekts VR-SUSTAIN daher beispielhafte Anwendungen für den VR-Einsatz in der Automobilproduktion entwickelt.
Im Fertigungs- und Montageprozess von Automobilen können Beschäftigte gesundheitliche Schäden davontragen, wenn sie z. B. Bauteile falsch handhaben oder schwere Lasten in ungünstigen Körperhaltungen tragen. Auch die Produkte werden durch den unsachgemäßen Umgang mit Fertigungshilfsmitteln, das Tragen von Gegenständen am Körper oder den Kontakt mit sensiblen Oberflächen beschädigt. Zudem können sich im Umgang mit elektrischen Anlagen in der Arbeitsumgebung schwere Unfälle ereignen.
All dem kann durch die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgebeugt werden. Die aktuellen Schulungen zur Kratzer- und Beulenvermeidung sowie zum sachgemäßen Umgang mit elektrischen Anlagen werden in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Durch den Einsatz neuartiger Technologien wie Virtual Reality (VR) lassen sich die Lerneffekte jedoch verbessern und das Training interessanter gestalten.
Im Projekt VR-SUSTAIN wurde eine Trainingsumgebung entwickelt, die die Lernenden in einer virtuellen Umgebung für Gefahrenquellen sensibilisiert. Dies kann helfen, schwere Unfälle oder Beschädigungen an gefertigten Produkten zu vermeiden. Als Technologie wurde VR verwendet, um den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine realitätsnahe Lernerfahrung in einer sicheren Umgebung zu bieten. Dabei wurden zwei Lernszenarien umgesetzt:
- Die Verhinderung von körperlichen Fehlbelastungen im Fertigungsprozess in Verbindung mit der Verhinderung von Produktschäden am Automobil in Form von Kratzern und Beulen.
- Die Unfallprävention im Umgang mit elektrischen Anlagen.
Die Lernszenarien, die insgesamt 90 Minuten Trainingsmaterial enthielten, wurden mit 15 Beschäftigten eines Fahrzeugherstellers getestet. Durch die Einarbeitung des Feedbacks wurden die Handhabung und Robustheit deutlich verbessert. Darüber hinaus gewannen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch das Projekt wichtige Erkenntnisse zur nutzergerechten Gestaltung und Durchführung VR-basierter Trainings in der produzierenden Industrie.
Einsatzmöglichkeiten und Kosten
Die Umsetzung des Projekts VR-SUSTAIN erfolgte auf einer kommerziellen VR-Hardware und kann nach Bedarf um weitere Lernszenarien erweitert werden. Auch die Erkenntnisse aus dem MESA-Projekt lassen sich auf andere Einsatzbereiche anwenden, beispielsweise für das Lackieren oder das CNC-Fräsen.
Kleinere Unternehmen brauchen dabei nicht vor den Kosten zurückzuschrecken, denn laut BIBA können auch schon schlanke Einstiegsprojekte einen deutlichen Nutzen bringen. Darüber hinaus schreitet die technologische Entwicklung in diesen Feldern rapide voran. Der Preis für einen guten Schweißsimulator fiel beispielsweise innerhalb von wenigen Jahren von 75.000 Euro auf rund 10.000 Euro. Wenn individuelle Software benötigt wird, kann es jedoch teurer werden.
Unternehmen haben zudem die Möglichkeit, gemeinsam mit dem BIBA oder anderen Partnern ein Forschungsprojekt zu beantragen oder eine Gruppe von Studierenden mit einer Aufgabe zu betrauen.
Weitere Informationen:
Benjamin Knoke
BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik GmbH
Tel. 0421 218-50185